Königsdisziplin Kombitechnik – ein Nachruf auf die Kompetenz
Kompetenzauslagerung macht austauschbar
Nun schreiten ja, so scheint es, die Digitalisierung und deren CAD/CAM-Prozesse in der Zahnmedizin und der Zahntechnik immer weiter fort. Beide Disziplinen vernetzen sich und führen zu immer mehr Versorgungsalternativen. Neue Materialien halten durch die veränderten Fertigungsmöglichkeiten Einzug in die Zahnheilkunde. Aber die „Entwicklungsmedaille“ hat auch eine Kehrseite …
Nun fragen wir uns aber, warum seit einiger Zeit immer wieder Praxen bei uns anrufen, mit denen wir bis dato nicht zusammengearbeitet haben, und „einfache Teleskoptechnik“ bei uns anfragen. Es ist nicht so, dass wir uns darüber nicht freuen, aber ein wenig wundern wir uns schon – insbesondere, wenn man später den Grund des Laborwechsels erfragt und die Antwort bekommt, dass bei dem alten Labor verstärkt Probleme in der technischen Ausführung oder in der Passung aufgetreten sind. Nun sollte man meinen, dass eine Technik, die seit Jahrzehnten als Standardversorgung in Deutschland etabliert ist, wenige oder keine Probleme aufwirft. Dies scheint nicht oder vielleicht nicht mehr so zu sein.
So suchen zunehmend mehr Laboratorien in der CAD/CAM-Technik und den Digitalisierungsprozessen ihr (vermeintliches) Heil – nicht wissend, wie viel Volumen diese Technik heute, in den nächsten drei Jahren und darüber hinaus überhaupt einnehmen wird. Die Frage, ob es in diesen Ausmaßen strategisch überhaupt sinnvoll ist, sich auf einen zugegebenermaßen aktuellen, aber noch nicht tragfähigen Prozess zu konzentrieren, muss gestellt werden. Ist es nicht leichtfertig, Kernkompetenzen wie die Kombitechnik stiefmütterlich zu behandeln, die Aus- und Weiterbildung und das Produktangebot für eine Versorgungsform zurückzufahren, die es in Deutschland schon seit Jahrzehnten gibt? Sicherlich werden uns die demografische Entwicklung und etablierte Prophylaxemaßnahmen zukünftig andere Versorgungsformen abverlangen. Aber schon in den nächsten zehn, zwanzig Jahren? Gleiches gilt nach meiner Meinung auch für den Digitalisierungsprozess in der Zahnarztpraxis.
Allen Hochglanzbroschüren der Industrie zum Trotz ist das meiste eben doch noch Handarbeit. Wer die „Basics“ in der Zahnheilkunde nicht stabil in seine Fertigungsprozesse integriert hat, wird auch das „Darüber-hinaus“ nur schwer beherrschen können. Das war bei der Zirkonentwicklung so, das ist in der Implantologie so und das gilt auch für die Kombinationstechnik. In vielen Laboren, so scheint es, schmilzt diesbezüglich die Kompetenz, da immer mehr Prozesse ausgelagert werden. Aber wie beeinflusst diese Haltung das allgemeine Versorgungsniveau?
Wenn sich alle nur die Rosinen rauspicken, und das gilt für Praxen wie Labore gleichermaßen, wird die sogenannte „prothetische Breite“, der Zugriff auf eine möglichst individuelle Therapie, schwieriger. Anders ausgedrückt: Eine zunehmende Spezialisierung im Prothetikbereich führt zur Notwendigkeit, mit mehreren Laborpartnern zusammenzuarbeiten. Daraus resultiert nicht selten höherer Kommunikations- und Verwaltungsaufwand.
Unerwartete Nachfrage
Diese Gedanken sind das Ergebnis jüngster Ereignisse. Neben komplexen implantatgetragenen Kombinationsarbeiten wird, wie eingangs erwähnt, vermehrt einfache Teleskoptechnik bei Lubberich angefordert. Für unsere neuen Partnerpraxen ist das der meistgenannte „Wechselgrund“. Diese Qualitätsprobleme bei einem Prothetikprodukt, welches seit Jahrzehnten zur Standardversorgung in Deutschland gehört, machten uns aufmerksam.
Bei näherer Betrachtung spielen aber nicht nur qualitative Aspekte eine Rolle. Hier sind sicherlich verschiedene Entwicklungen parallel zu betrachten. Kein unwesentlicher Faktor in diesem Zusammenhang ist die Abrechnung dieser Leistungen. Ob die Erwartung einer abgesenkten Vergütung im privaten Bereich von den Zahnärzten aktiv kommuniziert werden oder ob unsere Laborkollegen die Kalkulation dieser Technik nicht aufwandgerecht betreiben, bleibt dahingestellt. Die Auswirkungen treffen aber in beiden Fällen alle Beteiligten; eine nachhaltige Einschränkung dieser Versorgungsmöglichkeit ist die Folge. Mit wiederum weitreichenderen Konsequenzen: Durch die Verknappung des Angebots steigen die Preise umso deutlicher oder die Technik steht mittelfristig nicht mehr als Prothetikalternative zur Verfügung. Diese Entscheidung trifft jeder im Alltag selbst …
Die „prothetische Breite“ sichern
Jede Zeit hat ihre Helden. Sicherlich sollte von Zeit zu Zeit das Angebot auf den Prüfstand. Wie schon erwähnt, ändern sich die Versorgungskonzepte, nicht nur durch den demografischen Wandel, sondern auch durch die Bezuschussung der Kassenleistungen. Hier obliegt es aber umso mehr der Verantwortung von Praxis und Labor, zeitgemäße und bewährte Konzepte anzubieten, die verantwortlich kalkuliert sind. Nur dadurch sichern wir die Weiterentwicklung und Prothetikalternativen für die Zukunft.